Prostitution nicht in die Illegalität abdrängen – Im Gespräch mit Nordhorner Bordellbetreiber

Nordhorn. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Daniela De Ridder besuchte das Etablissement „Haus Nr. 5“ in Nordhorn. Im Gespräch mit dem Geschäftsführer Guido Sloot informierte sie sich über die Bilanz des Prostituiertenschutzgesetztes. De Ridder betont, dass alle Prostituierten bestmöglich vor Gewalt und Ausbeutung geschützt werden müssen.

Wie soll der Staat mit Prostitution umgehen? Ist Prostitution legale Arbeit oder behindert sie die Gleichstellung von Frauen? Diese Fragen werden bereits seit Jahrzehnten sehr emotional und häufig ideologisch geführt – die Positionen sind gespalten. Innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion fordern nun einige Abgeordnete, den Kauf sexueller Dienstleistungen nach schwedischem Vorbild komplett zu verbieten und die Freier zu kriminalisieren.

„Mir ist vor allem eine Versachlichung der aktuellen Diskussion wichtig, denn eine emotional geführte Debatte hilft weder Frauen und Männern, die in der Prostitution tätig sind, noch den Opfern von Menschenhandel und Zwangsprostitution. Prostitution ist gesellschaftliche Realität, die nicht verharmlost werden darf, aber die dort tätigen Frauen und Männer sollen auch nicht kriminalisiert werden“, betont Dr. Daniela De Ridder, SPD-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Mittelems.

Mit dem 2017 in Kraft getretenen Prostituiertenschutzgesetz hat die Regierung das „älteste Gewerbe der Welt“ erstmalig umfassend reguliert. So konnte viel für die Prostituierten erreicht werden: Mehr Unterstützung durch Beratung, Verbesserung der Arbeitsbedingungen, mehr Rechtssicherheit für alle Beteiligten und damit auch vor allem einen besseren Schutz vor Gewalt und Diskriminierung.

„Ob sich die Situation durch das Gesetz im Prostitutionsgewerbe tatsächlich verbessert hat oder ob es Nachbesserungsbedarf gibt, dazu habe ich mich im persönlichen, sehr offenen Gespräch mit dem Bordellbetreiber Guido Sloot intensiv ausgetauscht“, erklärt De Ridder.

Kaum ein Thema ist so umstritten wie Sex gegen Bezahlung. Die eine Seite vertritt dabei den Standpunkt, dass sich Prostituierte in der Regel freiwillig für ihre Tätigkeit entscheiden. Für sie habe die Wahrung des Selbstbestimmungsrechts der Frauen und Männer oberste Priorität. Prostitution sei ein Beruf wie jeder andere. Es gelte, Prostituierte besser zu schützen und die Stigmatisierung abzubauen.

Auf der anderen Seite stehen viele der Prostitution ablehnend gegenüber: Ihrer Auffassung nach entwürdige und erniedrige sie Frauen und sei generell frauen- und menschenverachtend. Daher wird ein striktes Verbot der sexuellen Dienstleistungen nach schwedischem Modell – Entkriminalisierung der Frauen, aber Bestrafung der Freier – gefordert.

In Deutschland hingegen legalisierte die damalige rot-grüne Bundesregierung 2002 die Prostitution. Dadurch wurde die rechtliche und soziale Absicherung der Sexarbeiter erheblich verbessert: Seither können sie regulär in die gesetzliche Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung einzahlen. Zudem wurde die Prostitution aus der Illegalität herausgeholt. Allerdings hat das Gesetz nicht die volle Wirksamkeit entfaltet; daher erfolgte mit dem Prostituiertenschutzgesetz eine Reform. Zum Schutz der Prostituierten und um illegale Auswüchse zu verhindern wurden strengere Regeln eingeführt: Wer seitdem als Prostituierte in Deutschland arbeiten will, muss sich bei der zuständigen Behörde registrieren lassen. Bei der Anmeldung wird ein Informations- und Beratungsgespräch durchgeführt. Zudem müssen Prosituierte regelmäßig gesundheitliche Beratungsgespräche wahrnehmen und ihre Anmeldebescheinigung bei ihrer Tätigkeit mitführen. Auf Wunsch kann das Amt den Realnamen durch ein Pseudonym ersetzen, um die Identität der Person zu schützen. Stellt sich bei den Gesprächen heraus, dass eine Frau in einer Zwangslage ist, wird die Polizei informiert.

Diese neue Regelung sorge bei vielen Prostituierten für erhebliche Verunsicherung, berichtet Guido Sloot, Geschäftsführer des „Hauses Nummer 5“ in Nordhorn im Gespräch mit De Ridder. Viele Prostituierte wollen ihre Identität geheim halten – aus Angst oder Scham davor, dass ihr Umfeld von ihrer Tätigkeit erfahren könnte. Auch den Behörden trauen viele nicht. Problematisiert werde vor allem der sensible Umgang mit persönlichen Daten. Zudem werde das Bundesgesetz in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich umgesetzt, was zu einer großen Unsicherheit für alle Beteiligten führt. Der Gesetzgeber müsse alles vermeiden, um Prostituierte in die Illegalität abzudrängen, fordert Sloot.

Auch für die Betreiber von Bordellen wurden strengere Auflagen eingeführt: Sie müssen künftig eine Erlaubnispflicht einholen. Der Bordellbetreiber wird so etwa verpflichtet, für gesundheitliche, räumliche und hygienische Mindeststandards und damit für bessere Arbeitsbedingungen zu sorgen.

Bei einer gemeinsamen Besichtigung des Etablissements im Nordhorner Stadtteil Klausheide verschaffte sich De Ridder einen Einblick vor Ort. Der Eingangsbereich ist modern gestaltet; überall sichtbar wird auf die gesetzlich vorgeschriebene Kondompflicht hingewiesen. Viele Alarmknöpfe sind angebracht, um die Sicherheit der Prostituierten zu gewährleisten.

„Ich bin Herrn Sloot sehr dankbar, dass ich Einblicke in einer mit fremde Welt nehmen durfte. In der Politik müssen wir gut informiert über die Konsequenzen von Gesetzen entscheiden, so auch beim Prostituiertenschutzgesetz. Ich bin daher überzeugt, dass Gewalt und Ausbeutung vor allem in der Illegalität der Prostitution noch wachsen werden, was ich ablehne“, bekräftigt die SPD-Bundestagsabgeordnete.

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