Wenn die Plenardebatten sich immer weiter in die Nacht verlagern, kommt es von Zeit zu Zeit vor, dass Redebeiträge zu Protokoll gegeben werden. So geschehen bei der 2. und 3. Lesung zur Novellierung des Anerkennungsgesetzes. Lesen Sie anbei den Redetext von Dr. Daniela De Ridder:
„Das Anerkennungsgesetz stellt eine zentrale Maßnahme zur Integration von zugewanderten Menschen in den Arbeitsmarkt dar. Dabei gilt es, die in den jeweiligen Heimatländern erworbenen Qualifikationen zu würdigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen: Ja, das gilt auch für Geflüchtete, die Sie ja ausdrücklich in Ihrem Antrag erwähnen. Aber: Dies gilt auch für Menschen, die schon lange bei uns leben, und ebenso für Menschen, die über kurzfristige Auslandsaufenthalte Qualifikationen erworben haben.
In der Vergangenheit haben wir viele Fehler durch die Nichtanerkennung von ausländischen Abschlüssen gemacht. Da hieß es aber auch, Deutschland sei kein Einwanderungsland.
Welch fataler Irrtum!
Die Fehler der Vergangenheit dürfen wir auf keinen Fall wiederholen. Wir müssen vielmehr mit den Lebenschancen von Menschen, die zu uns kommen, sorgfältiger umgehen.
Auch ist das Anerkennungsgesetz ist ein Grundpfeiler unserer Willkommens- und Begleitkultur.
Ja, wir sagen „hartelijk welcomen“ zur niederländischen Krankenschwester, wenn sie in Deutschland arbeiten möchte. Ihr Berufungsanerkennungsverfahren beschleunigen wir, denn wir brauchen sie.
Und wir sagen auch „Marhaba“ zu syrischen Ingenieuren, auch wenn das viele Menschen in unserem Land derzeit nicht gefällt. Wir sind nämlich imstande, auch auf Arabisch „Willkommen“ zu sagen.
Ja, Verfahren der Anerkennung von Berufen sind innerhalb der EU modernisiert und vereinfacht worden. Auch die entsprechenden Beratungsangebote werden häufiger genutzt. Aber reicht uns das?
Nein, auch wir sehen deutlichen Verbesserungsbedarf: Die Reform des Anerkennungsgesetzes ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Aber mit dem Entschließungsantrag haben wir Koalitionspartner noch einmal Bewegung in die Sache gebracht.
Was wollen wir?
Transparentere Verfahren, Unterstützung für die Nachqualifizierung – das kann man sehr gut durch Darlehens- und Stipendienprogramme tun, auch an die Senkung der Kosten für das Anerkennungsverfahren denken wir, die müssen nämlich sozial verträglich sein; ja, so können wir die Zahlen der Anerkennungen noch einmal deutlich steigern. Ich weiß mich in guter Gesellschaft, denn ich werde darauf häufig von den Unternehmen in meinem Wahlkreis angesprochen.
Lassen Sie mich bitte noch auf einen Punkt aufmerksam machen, der mir besonders wichtig ist: Mir geht es auch um die Stärkung der Beratungsangebote in den Heimatländern der Mobilitätswilligen. Dadurch können wir noch einmal Informationen streuen und zur Transparenz beitragen. Dazu gehört auch eine enge Kooperation mit den Außenhandelskammern. Zudem entspricht dies dem gestiegenen Beratungsbedarf.
Schließlich wird es insgesamt um den Ausbau von innovativen Konzepten zur Integration von Zugewanderten in den Arbeitsmarkt gehen müssen. Ja, ich leugne nicht, dass die Herausforderungen groß sind – und sie wachsen noch – wenn täglich viele Menschen zu uns kommen, weil sie hier Schutz und Hilfe suchen – aber auch einen Arbeitsplatz.
Wir sollten dies aber nicht als Last empfinden, sondern als Chance begrüßen: Wenn wir besser hinsehen, erkennen wir vielerorts die Potenziale und Talente. Dazu müssen aber viele von uns die Scheuklappen ablegen und den Mut für Verbesserungen aufbringen.
Helmut Schmidt, dessen Tod wir heute Morgen hier betrauert haben, sagte einst: „In der Krise beweist sich der Charakter!“ Wir haben jetzt alle miteinander die Möglichkeit, dies unter Beweis zu stellen.
Wir sollten nicht verzagen, sondern „Yalla“ rufen, denn das bedeutet „Lasst uns aufbrechen!“
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, Schukran!“