Tarifanbieter in der Altenpflege dürfen nicht zur Tarifflucht gezwungen werden

SPD-Kreisvorstand der Grafschaft fordert Ende des Lohndumpings in der Pflege

Die Situation der Beschäftigten in der stationären Altenpflege in der Grafschaft Bentheim und zu weiten Teilen in ganz Niedersachsen ist niederschmetternd. Die fehlende gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung manifestiere sich auch bei der Lohnstruktur – dieses Fazit zog der Kreisvorstand der Grafschafter SPD bei seiner Juli-Sitzung.

„Schon heute fehlt in den Berufen der Altenpflege eine Anerkennung, die sich in der Entlohnung in diesen Tätigkeiten niederschlägt. Das ist beschämend“, findet die SPD-Kreisvorsitzende Dr. Daniela De Ridder. Aufgrund des demographischen Wandels befürchten die SPD-Politikerin und ihre Parteifreunde eine noch brisantere Situation. Wenn aufgrund der Altersstruktur immer mehr Menschen pflegebedürftig werden, müsse es auch qualifiziertes Personal für die Pflege geben: „Wir laufen geradezu sehenden Auges in eine Demographiefalle“, monierte die SPD-Vorsitzende.
Der Beruf der Altenpflegerin sei durch eine hohe Verantwortung geprägt, was sich jedoch nicht einmal annähernd im Gehalt der Beschäftigten widerspiegele.

Konsens besteht seitens der Mitglieder des SPD-Kreisvorstandes darin, dass sich auch die Kreispolitik mit der aktuellen Situation der stationären Altenpflege in der Grafschaft beschäftigten müsse – mit dem Ziel einer besseren Bezahlung der Pflegekräfte.
Von gesellschaftlicher Anerkennung und Wertschätzung dieser schweren Arbeit, die zumeist im Schichtdienst, an Werk-, Sonn- und Feiertagen durchgeführt werden müsse, könne nicht die Rede sein, wenn sie unter Tarif bezahlt werde. So liege der Mindestlohn für eine Altenpflegefachkraft bei 9 €, der für eine Raumpflegerin bei 9,33 €.

Besonders unangenehm berührt zeigte sich der SPD-Vorstand von der Grafschafter Situation: In einem Vortrag des Vorstands des Vereins sdn, Manfred Gellink, wurde deutlich, dass es in der Grafschaft seit dem Jahre 2000 bei den langjährigen, gemeinnützigen Pflegeeinrichtungen nur zu minimalen Erhöhungen der Pflegesätze gekommen sei. Sein Fazit: Niedrige Pflegesätze bedingen auch ein niedrigeres Lohnniveau – zumindest unterhalb der früher in der Pflege üblichen Tarife. Dies wiederum veranlasse viele junge und gut ausgebildete Pflegefachkräfte, die Grafschaft zu verlassen und in andere Bundesländer zu ziehen. So würden etwa unweit der Grafschafter Landkreisgrenzen in Nordrhein Westfahlen mehr Vollzeitstellen mit angemessener Bezahlung angeboten. Die bessere Bezahlung sei dort möglich, weil in Nordrhein-Westfalen von den Kostenträgern deutlich höhere Pflegesätze gewährt würden.

„Sind die Menschen in der stationären Altenpflege in der Grafschaft und in Niedersachsen weniger wert als in anderen Bundesländern?“, empörte sich daher Kreisvorstandsmitglied Helga van Slooten. In der Diskussion wurde deutlich, dass Niedersachsen im Vergleich der westlichen Bundesländer an unterster Stelle bei den Pflegesätzen liegt. Dies bringe auch diejenigen Träger in Schwierigkeiten, die Tariflohn zahlen wollten und führe dazu, dass sich immer mehr von ihnen aus den Tarifverträgen verabschiedeten. „Wir können uns weder eine Tarifflucht noch einen Exodus der Pflegekräfte leisten. Und wir dürfen auch nicht stetig auf das hohe Engagement von schlecht bezahlten zumeist weiblichen Pflegekräften setzen. Pflege, die Menschen, die sie leisten und die Menschen, die sie brauchen, müssen uns deutlich mehr wert sein“, sagte Dr. Daniela De Ridder besorgt. Daher sei der Landkreis aufgefordert, die Anerkennung der Tariflöhne zu gewährleisten und so auch mit den Trägern zu verhandeln.

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