Nordhorn. Bei einer Hospitanz in der Quaink Apotheke in Nordhorn machte sich die Bundestagsabgeordnete Dr. Daniela De Ridder ein Bild von serviceorientierten Apotheken, die nah an den Patienten sind und weiterhin sein wollen. Bei dem Gespräch mit den Apothekern Andreas Quaink und Martha Varelmann wurde auch über aktuelle Herausforderungen und Probleme gesprochen. Sie hatten die SPD-Bundestagsabgeordnete dazu eingeladen.
„Der Besuch hat mir deutlich gezeigt, dass die Apothekerinnen und Apotheker vor großen Herausforderungen stehen, die auf Dauer zu Lasten von Patienten gehen können. Der finanzielle Spielraum für Patientennähe, individuelle Beratung und vielfältige unentgeltliche Serviceleistungen wird durch Rabattverträge und Retaxpraxis der Krankenkassen immer enger. Wir müssen hier sehr aufmerksam sein, damit sich unsere medizinische Versorgung nicht verschlechtert“, erklärt Dr. Daniela De Ridder, SPD-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Mittelems.
Bei einem Rabattvertrag sagt ein Pharmahersteller einer Krankenkasse zu, dass er für ein Medikament oder ein ganzes Sortiment einen Rabatt auf den bundesweit einheitlichen Apothekenverkaufspreis gewährt. Die Krankenkasse wiederum sagt dem Hersteller zu, dass alle ihre Versicherten im Normalfall künftig nur dessen Arzneimittel erhalten. Die Rabatte zahlen die Hersteller direkt an die Krankenkassen, die nach eigenen Angaben Milliarden durch diese Geheimverträge sparen.
„Wenn die Politik eine wohnortnahe, flächendeckende und hochwertige Arzneimittelversorgung der Bevölkerung will, muss sie dafür auch angemessene wirtschaftliche Rahmenbedingungen schaffen. Wir fordern eine jährliche Überprüfung der Honorare. Diese sollten sich den allgemeinen Kostenentwicklungen, insbesondere der Inflation, anpassen. Durch die Rabattverträge sind wir gezwungen, unser Warenlager stark zu erweitern und die Personalkosten sind durch den erhöhten Beratungsbedarf gestiegen. Wir werden mit diesen Kostensteigerungen allein gelassen und von der allgemein positiven Wirtschaftsentwicklung abgekoppelt. Das spiegelt sich auch in den Lohnentwicklungen unserer Mitarbeiter wider. Apotheker zieht es immer seltener in die öffentliche Apotheke. Wir haben Schwierigkeiten, freie Stellen mit guten Mitarbeitern zu besetzen. Aus diesen Gründen schließen immer mehr Apotheken, vor allem auf dem Land“, so Apothekeninhaber Andreas Quaink im Gespräch mit Dr. Daniela De Ridder.
Gleichzeitig haben viele Krankenkassen die „Nullretaxationen“ als ein effektives Kostendämpfungsprogramm entdeckt. Nullretaxe bedeutet, dass die Krankenkasse die Bezahlung eines Rezeptes im Nachhinein komplett ablehnt, weil ein Rabattvertrag versehentlich nicht beachtet wurde oder weil das Rezept einen Formfehler wie etwa eine fehlende Telefonnummer oder Dosierungsanweisung enthält. Die Fehlerjagd sei inzwischen ein lohnendes Geschäft für Krankenkasse und Dienstleister geworden, beklagten die Apotheker.
„Ich arbeite seit 33 Jahren als Apothekerin. Die Arbeit ist anspruchsvoll, interessant, abwechslungsreich, nah am Menschen und ist für mich persönlich noch immer sehr erfüllend. Allerdings habe ich früher ein Rezept entgegen genommen, das Medikament geholt oder bestellt, den Kunden dazu beraten und musste mir keine Sorgen machen, ob das Medikament von der Kasse später bezahlt wird. Unstimmigkeiten konnten rasch telefonisch mit dem Arzt geklärt werden. Heute verwende ich zunächst viel Zeit darauf, das Rezept auf Vollständigkeit zu prüfen. Dann gleiche ich ab, ob mit der Abgabe alle gesetzlichen Bestimmungen exakt eingehalten werden. Die Angst, etwas übersehen zu haben und vor allem ein teures Medikament später nicht erstattet zu bekommen, sitzt mir und meinen Kolleginnen immer im Nacken. Das bedeutet Zeit und Arbeit für Arzt und Apotheker und Warten auf das dringend benötigte Medikament für den Patienten“, bemängelt Martha Varelmann, angestellte Apothekerin in der Quaink Apotheke in Nordhorn.
„In unserer gesundheitsbedrohten und älter werdenden Gesellschaft ist für mich die Apotheke vor Ort ein wichtiger Stützpfeiler im Gesundheitssystem. Dabei hat mich dieses Gespräch besonders auf die Serviceangebote und die individuelle Arzneianfertigung bei Apotheken überzeugt; ein Angebot, das eigentlich zum grundsätzlichen Repertoire von Apothekern gehört, aber mit den derzeitigen Entwicklungen nicht mehr lange haltbar sein könnte.“, sagt De Ridder weiter.
Der Besuch in der Nordhorner Apotheke gehört zu einer Reihe von Hospitanzen, die die Bundestagsabgeordnete in ihrem Wahlkreis durchführt: „Mir ist es wichtig, dass ich mit den Menschen in unserer Region im Gespräch sein kann, auf Probleme aufmerksam gemacht werde und dies als eine Art Botschafterin mit nach Berlin nehmen kann. Dies ist auch ein Beitrag, Politik für Bürgerinnen und Bürger transparenter und lebendiger zu machen. Daher freue ich mich über weitere Einladungen zu Hospitanzen. Dies ist ja auch ein Beitrag gegen Politikverdrossenheit“, so De Ridder.