Grafschaft Bentheim/Emsland. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Daniela De Ridder kam bei ihrem Online-Fachgespräch mit Andreas Hackling (Caritasverband für den Landkreis Emsland), Dieter Zapf (SKM Lingen), Hermann Josef Quaing (Geschäftsführer Caritasverband für die Grafschaft Bentheim), Alexandra Liebenau und Fabian Hermes (Compass Diakonie Caritas Haus) ins Gespräch und informierte sich über die aktuelle Situation in den hiesigen Beratungsstellen. De Ridder betont, dass die Schuldner- und Insolvenzberatungen gestärkt werden müssen.
„Die aktuelle Corona-Krise bringt zahlreiche Menschen in finanzielle Schwierigkeiten, – sei es, weil sie in Kurzarbeit sind und sich damit ihr Einkommen auf 60 bzw. 67 Prozent ihres bisherigen Nettogehaltes reduziert, weil sie arbeitslos werden oder weil sie Einkommenseinbußen erleiden oder über keinerlei finanzielle Einnahmemöglichkeiten mehr verfügen. Gerade Erwerbstätige mit niedrigem Einkommen, vor allem aber auch all jene, die durch den Lockdown ihrer bisherigen Erwerbsarbeit nicht mehr nachgehen können, haben unter den wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Krise besonders zu leiden. Wie hat sich die Corona-Krise auf die Arbeit der Schuldner- und Insolvenzberatungen in unserer Region ausgewirkt? Wer nimmt die Beratungsleistung in Anspruch? Wie wird sich die Überschuldungslage der Menschen in den kommenden Monaten entwickeln? Über diese Fragen wollte ich mir im gemeinsamen Austausch mit den Fachleuten einen Überblick verschaffen“, erklärt Dr. Daniela De Ridder, SPD-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Mittelems.
In der Grafschaft Bentheim und im Emsland hat die Nachfrage nach Beratungsangeboten sichtbar zugenommen – ein ganz großer Ansturm blieb bisweilen aber noch aus. Dennoch wird erwartet, dass die Zahl der Klient*innen in den kommenden Monaten weiter ansteigen wird. Zurzeit greifen die Emsländer*innen und Grafschafter*innen lieber auf ihre eigenen angesparten finanziellen Ressourcen zurück als Hilfen oder Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen – die versteckte oder verschämte Armut treffe dabei häufig Frauen, berichten die Expert*innen im Gespräch mit der SPD-Bundestagsabgeordneten. Hinzu komme, dass Menschen, die ohnehin Schwierigkeiten mit ihrem persönlichen Budget haben, die Corona-Krise als weitere deutliche Einschränkung erleben: Mini-Jobs etwa, häufig eine Zuverdienstmöglichkeit von Frauen, Schüler*innen oder Studierenden, entfallen, während aber die Verträge für Handy oder Streaming-Dienste unvermindert weiterlaufen.
Kurzarbeit, Jobverlust, Geschäftsschließungen – die Einkommensverluste und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie führen derweil immer häufiger dazu, dass Menschen ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können und sich zunehmend überschulden. Je länger die Phase der Kurzarbeit andauert, – zumal, wenn es keine Aufstockung seitens des Arbeitgebers gäbe, – desto gravierender seien die finanziellen und sozialen Langzeitfolgen. Auch die wachsende Perspektivlosigkeit mache vielen zu schaffen: Wann kann ich wieder arbeiten? Wann darf ich mein Geschäft oder mein Restaurant wieder öffnen? Zukunftsängste und die gefühlte Unsicherheit über den Status-Quo können neben den finanziellen Problemen auch zu psychischen Erkrankungen führen.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich mit Nachdruck dafür eingesetzt, so weiß De Ridder zu berichten, konkrete Maßnahmen auf dem Weg zu bringen, um private Überschuldung in Folge der Corona-Pandemie zu vermeiden oder wenigstens zu mindern. So durften etwa zu Beginn der Krise Vermieter*innen ihre Mietverträge nicht kündigen, wenn Mieter*innen aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandmie die fällige Miete nicht mehr zahlen konnten. Auch der Zahlungsaufschub bei Verbraucherdarlehen und existenzsichernden Verträgen für Strom, Gas oder Telefon wurden beschlossen. Mit dem erleichterten Zugang zur Grundsicherung sowie der Ausweitung des Kurzarbeitergeldes hat Bundesminister Hubertus Heil (SPD) dafür gesorgt, Menschen besser vor den Folgen der Krise zu schützen.
Alle Gesprächsteilnehmer*innen waren sich einig, dass die hiesigen Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen – gerade in Anbetracht der steigenden Nachfrage – gestärkt und ausgebaut werden müssen. Ohne eine Aufstockung der Mittel würden deutlich längere Wartezeiten von sechs bis acht Wochen entstehen – ein Zustand, der angesichts der psychischen Belastung der Betroffenen unbedingt zu verhindern sei.
Entscheidend sei insbesondere die Qualität der Beratungen – Nachhaltigkeit sei das oberste Gebot: Das vorrangige Ziel sei es daher, dass die Ratsuchenden ihre finanziellen und sozialen Kompetenzen zurückerlangen. Dies ist ein Prozess, der mehrere Monate dauern kann. Und bei diesem Weg begleiten und unterstützen die Schuldner- und Insolvenzberater*innen ihre Klient*innen individuell. Dabei spielt es keinerlei Rolle, welcher Religionsgemeinschaft die Ratsuchenden angehören, versichern die Expert*innen im Gespräch mit der SPD-Politikerin: katholisch, evangelisch, muslimisch oder keiner Religion angehörend – es komme darauf an, den Menschen rasch zu helfen, ihre Selbstwirksamkeit zu stärken und sie gut durch die Krise zu begleiten.
Gefragt nach konkreten Verbesserungswünschen wiesen die Gesprächsteilnehmer*innen auf die Inkassounternehmen hin, die mit Schreiben und Hausbesuchen Schuldner*innen massiv unter Druck setzten. Betroffene seien oftmals kaum in der Lage zu beurteilen, ob die Forderungen berechtigt seien oder nicht. Insbesondere im Umgang mit Inkasso-Diensten sei es daher wichtig, dass die Ratsuchenden ihre Rechte und Pflichten als Schuldner*innen kennen und diese auch durchzusetzen wissen. Hier brauche es einen verstärkten Verbraucherschutz. Diesen wertvollen Hinweis nimmt De Ridder gerne mit ins politische Berlin.
„Die Corona-Pandemie verlangt zahlreichen Menschen vieles ab: neben den sozialen Folgen haben viele auch mit den finanziellen Einschränkungen zu kämpfen. Daher gilt es, die angebotenen Schuldner- und Insolvenzberatungen zu unterstützen und weiter zu stärken. Mit ihrer wertvollen Arbeit, für die ich mich ausdrücklich auch im Namen der in Not geratenen Menschen bedanken möchte, leisten sie psychosoziale Unterstützung und tragen dazu bei, dass ihren Klient*innen wieder neue Perspektiven eröffnet werden. Gerade die sind in der langanhaltenden Krise ein wertvoller und überlebenswichtiger Beitrag“, betont De Ridder abschließend.