Richtigstellung Dr. Daniela De Ridder zu den Artikeln „Von der Basis eingefangen“ (24.01.2018) und „De Ridder wirbt in Salzbergen für GroKo-Ausstiegsklausel“ (26.01.2018)

 

Sehr geehrter Herr Pertz,
sehr geehrter Herr Lampe,
sehr geehrter Herr Röser,

mit großer Irritation habe ich in der Lingener Tagespost den Artikel „De Ridder wirbt in Salzbergen für GroKo-Ausstiegsklausel“ (26.01.2018) von Sven Lampe sowie den Kommentar von Mike Röser „Von der Basis eingefangen“ (24.01.2018) gelesen. Sowohl im Artikel wie auch im Kommentar finden sich neben falschen und verkürzten Zitaten vor allem tendenziöse Darstellungen, gegen die ich mich ausdrücklich verwahre. Ich bitte Sie daher, einige Fakten zur Kenntnis zu nehmen sowie falsche Zitate und Aussagen umgehend richtig zu stellen.

Bereits mit dem Titel „De Ridder wirbt in Salzbergen für GroKo-Ausstiegsklausel“ erwecken Sie den Eindruck, die Veranstaltung habe vor allem dem Zweck der Werbung für eine „GroKo“ – allerdings mit befristeter Dauer – gedient.

Richtig ist, dass es sich bei der Veranstaltung um eine Informations- und Diskussionsveranstaltung gehandelt hat – gerne sende ich Ihnen auf Nachfrage die Folien meiner Powerpint-Präsentation zu –, bei der wir als SPD eine Analyse der aktuellen politischen Lage in Berlin vorgenommen haben.

Sie schreiben: „Bei dem Treffen mit rund zwei Dutzend Mitgliedern der Parteibasis, also jenen Sozialdemokraten, die in einigen Wochen über Wohl oder Wehe der Verhandlungen entscheiden werden, erläutert De Ridder, warum sie als Delegierte jüngst mit Ja zur GroKo gestimmt hatte. Und jetzt – jedenfalls rein begrifflich – nichts mehr davon wissen will.“

Richtig ist, dass ich bei der Veranstaltung mein Votum wie folgt erläutert habe:

1. Ich habe für eine Fortsetzung der Gespräche zwischen SPD und Union gestimmt, weil das Sondierungsergebnis für mich noch keine ausreichende Grundlage darstellt, um eine weitere Koalition mit der Union fortzusetzen. Ein Sondierungspapier ist erwartungsgemäß allerdings auch noch kein Koalitionsvertrag. Das Sondierungspapier erhält für mich jedoch auch zahlreiche gute Punkte, wie etwa die Mindestrente oder die Mindestausbildungsvergütung, die Entwicklung der ländlichen Räume oder die Bekämpfung von Fluchtursachen.

2. Durch mein ‚Ja‘ und das der anderen Befürworter wurde es allen SPD-Mitgliedern möglich, sich für eine Fortsetzung einer Koalition zwischen SPD und Union nach Vorlage eines Koalitionsvertrages zu entscheiden oder aber eben auch nicht. Keines unserer Mitglieder sollte dieser Chance beraubt werden.

3. Ich musste mit einem positiven Votum noch keineswegs einer weiteren Koalition mit der Union zustimmen, denn diese wird erst durch einen positiven Mitgliederentscheid zustande kommen.

Diese Haltung, von der ich nicht im Geringsten abweiche, habe ich mehrfach bei Mitgliederbriefen, Veranstaltungen, in den sozialen Medien, in Pressemitteilungen sowie auch bei der Veranstaltung verdeutlicht. Davon habe ich nie etwas zurückgenommen, auch wenn ihr Artikel nun diesen falschen Eindruck zu erwecken versucht. Ob eine weitere Regierungsbeteiligung erfolgen sollte, werde ich erst, wie alle anderen Mitglieder auch, nach Vorliegen eines Koalitionsvertrages entscheiden; dass ich jetzt von diesem ‚Ja‘ abweiche, wie Sie schreiben, ist schlicht falsch.

Richtig ist ebenfalls, dass ich Zahlen zum aktuellen Wahlergebnis präsentiert habe, die zeigen, dass ein Bündnis aus SPD und Union gemeinsam über lediglich 53,5 Prozent verfügt und dass dies eine äußerst knappe Mehrheit (nicht einmal vier Prozent) darstellt. Hierbei – wie Sie dies fortlaufend in Ihrer Berichterstattung tun – von einer ‚GroKo‘ zu sprechen, halte ich für falsch. Problematisiert habe ich daher auch, dass das Wahlergebnis im Bundestag zu einem Erstarken des rechten Randes geführt hat und der Einzug der rechtspopulistischen AfD zu einer massiven – negativen – Veränderung der Diskussionskultur im Bundestag geführt habe. Wie schade, dass Sie dies unterschlagen.

Weiterhin schreiben Sie: „Parteiintern war die Abgeordnete in den Tagen vor dem Sonderparteitag teilweise heftig dafür kritisiert worden, mit dem Ja gegen die den Willen der Basis ihres Wahlkreises zu stimmen. In den Ortsvereinen der Region die Perspektive einer möglichen Fortsetzung der Groko mehrheitlich auf Wiederstand gestoßen.“

Richtig ist, dass Sie bei kaum einem Mitglied der SPD Begeisterung für die Fortsetzung eines Bündnisses mit der Union finden werden. Richtig ist zudem – und dies war ebenfalls Gegenstand der Diskussion bei meiner Veranstaltung –, dass das Scheitern der ‚Schwarzen Ampel‘ zwischen Union, FDP und Grünen an dem ‚Nein‘ von Herrn Lindner (FDP) und vermutlich auch an der Verhandlungsschwäche von Frau Merkel gescheitert ist; diese Situation führte dazu, dass die SPD nun gefragt wurde, ob sie als Koalitionspartner zur Verfügung stehe.

Keineswegs nur parteiintern hat es in den vergangenen Wochen und Tagen zahlreiche Gespräche darüber gegeben, wie bei dem Sonderparteitag abzustimmen sei. Auch Ihre Zeitung hat sich dieses Themas intensiv angenommen. Dabei hat sich die fehlende Begeisterung für ein erneutes Bündnis bestätigt. Allerdings hat sich durch zahlreiche Briefe und E-Mails an mich auch gezeigt, dass keineswegs alle SPD-Mitglieder und keineswegs alle ihre Wählerinnen und Wähler gegen ein Bündnis mit der Union votieren, sondern sie zunächst einmal den Ausgang der Verhandlungen abwarten wollen, um sich dann entscheiden zu können.

Ich selbst habe dabei stets deutlich gemacht, dass ich daher den Mitgliedern meiner Partei durch mein ‚Ja‘ beim Sonderparteitag die Möglichkeit eröffnen wollte, selbst zu entscheiden – aus meiner Sicht ein einzigartiger innerparteilicher Demokratiebeweis.

Äußerungen ganz persönlicher Kritik, wie Sie dies im Artikel unterstellen, sind mir nicht bekannt; ganz im Gegenteil erhalte ich sehr viel differenzierte E-Mails und Briefe, die für mein Votum danken. Dies erklärt sicherlich auch, dass sie Ihren nun auch mehrfach in Ihrer Zeitung dargelegten Eindruck, die SPD im Emsland habe sich mit ihrer Bundestagsabgeordneten entzweit, revidieren müssen, denn sie selbst schreiben: „Von möglichen Streitereien war nun bei der öffentlichen Parteiveranstaltung kaum etwas zu spüren.“

Zudem schreiben Sie: „Und ja sie kämpfe auch um ihr eigenes Mandat, betonte De Ridder. Aber nicht im eigenen Interesse: „Es geht natürlich auch um meine sechs Mitarbeiter, die ich ungern in die Arbeitslosigkeit schicken möchte. Wir als SPD sind nicht nur eine Partei, sondern auch ein Wirtschaftsunternehmen.“

Dieses Zitat ist schlicht falsch und obendrein verkürzt dargestellt. Richtig ist, dass ich unter Bezugnahme auf den höchstspekulativen Kommentar von Mike Röser, „Angst ums Mandat muss ihr vorgeworfen worden sein“ (in ihrer Ausgabe vom 24.01.2018) gesagt habe:

„Selbstverständlich geht es auch um mein Mandat, denn ohne politisches Mandat lässt sich Politik nicht gestalten. Im Übrigen bin ich in der Grafschaft Bentheim und im gesamten Emsland die einzige Abgeordnete der SPD. Dadurch, dass Markus Paschke nicht wieder gewählt wurde, betreue ich nun auch dessen ehemaligen Wahlkreis mit. Und selbstverständlich geht es bei meinem Mandat auch um die Arbeitsplätze meiner inzwischen sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ich ungerne in die Arbeitslosigkeit entlassen möchte. Schließlich ist die SPD nicht nur eine Partei, sondern auch ein großer Betrieb. Würden Arbeiter bei einem Industrieunternehmen vor einem drohenden Arbeitsplatzverlust stehen und auf die Straße gehen, wir würden doch auch aus Solidarität mitgehen.“

Ferner schreiben Sie: „Alle hielten sich offenbar an die inoffizielle Marschroute, man möge doch erstmal die Verhandlungsergebnis abwarten und dann weitersehen.“

Mit dieser tendenziösen Aussage verärgern Sie nicht nur alle anwesenden SPD-Mitglieder, sondern unsere Partei insgesamt. Ich darf Ihnen versichern, dass keines unserer Mitglieder für seine Entscheidung eine „inoffizielle Marschroute“ benötigt; richtig ist vielmehr, dass Obrigkeitsdenken in der SPD verpönt ist. Vielmehr hat die älteste demokratische Partei gerade erst jüngst mit ihrem Sonderparteitag bewiesen, dass sie mehr als alle anderen Parteien etwas von Basisdemokratie versteht und dass alle SPD-Mitglieder sich ihrer großen Verantwortung bewusst sind.

Auch schreiben Sie: „De Ridder ließ durchblicken, dass sie sich ein GroKo-Modell ‚Zwei Jahre mit Ausstiegsklausel‘ durchaus vorstellen könne. Sprich eine Verschiebung des möglichen Groko-Ausstiegs, um sich dann frisch gestärkt eventuellen Neuwahlen zu stellen.“

Dies ist eine rein spekulative Aussage. Richtig ist, dass ich auf die Revisionsklausel verwiesen habe, die es nach zweijähriger Regierungsarbeit erlaubt, das Erreichte zu prüfen und Revisionen sowie Kurskorrekturen vorzunehmen und dabei auch den Umgangsstil zu überprüfen. Der Ausstieg aus der Koalition ist dann eine Möglichkeit unter anderen.

Sie schreiben: „Im Nachhinein als unglücklich bezeichnete De Ridder die Aussage von Martin Schulz, sich direkt nach dem Wahlergebnis für den Gang der SPD in die Opposition ausgesprochen zu haben. Eine Aussage, die sie im Laufe des Abends relativierte: Sie habe Martin Schulz nie kritisiert, es habe sich vielmehr um ein ‚Problem der Kommunikation‘ gehandelt.“

Diese Aussage ist schlicht falsch. Richtig ist, dass ich folgende Aussage getroffen habe:
Ich war überrascht von dem Tempo mit dem Martin Schulz am Wahlabend und nach dem Scheitern der schwarzen Ampel die Oppositionsrolle der SPD betont hat. Viele der SPD-Bundestagsabgeordneten sahen dies ebenfalls so, was auch zu Gegenreden in der Fraktion geführt hat.

Allerdings bin ich erstaunt gewesen, welche Aussagen sich nach Fraktionssitzungen in der Presse wiederfanden: Ich selbst habe mich am vergangenen Montag, den 22.01.2018 zum Ablauf des Sonderparteitags in der Fraktion geäußert; meine Kritik betraf dabei die Tatsache, dass die SPD offensichtlich nur schlecht in der Lage sei, ihre Erfolge gut zu vertreten. Ich war allerdings überrascht, dass ich später im Tagesspiegel lesen musste, ich und zwei weitere Kolleginnen hätten Martin Schulz in dieser Sitzung persönlich kritisiert, was jeder Grundlage entbehrt. Der Tagesspiegel hat diese Aussage inzwischen korrigiert und sich für weitere Gespräche mit mir zur Verfügung gestellt, was ich als Zeichen eines Qualitätsjournalismus werte.

Lassen Sie mich abschließend eine dringende Bitte äußern: Seit die AfD in den Bundestag eingezogen ist, hat sich der Umgang mit Sprache deutlich verändert. Ich finde es degoutant, wenn Herr Gauland davon spricht, Frau Merkel zu jagen. Durch Sätze wie diesen entsteht der Eindruck, Politikerinnen und Politiker seien Freiwild. Daher sollten Sie sich bitte von derartigen Äußerungen distanzieren und im Umgang mit mir auch nicht von „einfangen“ sprechen. Wenn Herr Röser in seinem o.g. Kommentar dann auch noch von „gewohnt wohlfeilen Worten“ schreibt, die ich seiner Auffassung nach benutze, ist dies vermutlich nicht als Kompliment gedacht.

Ich bitte Sie daher eindringlich, nicht nur mit Sprache, sondern auch mit Fakten sorgfältiger umzugehen.

Mit freundlichem Gruß


Dr. Daniela De Ridder

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