Am 11.05.17 erschien in den Grafschafter Nachrichten ein Interview mit Dr. Daniela De Ridder. Hier ist das Interview in ungekürzter Form zu lesen:
Frau De Ridder, es wird in ihrem Wahlkreis sehr schwer, gegen den CDU-Kandidaten das Direktmandat zu gewinnen. Wie viel Prozent der Stimmen muss die SPD am 24. September holen, damit Sie von Listenplatz 4 aus ihre Arbeit im Bundestag fortsetzen können?
In der aktuellen Legislaturperiode hat die SPD in Niedersachsen 25 Bundestagsmandate, von denen zwölf durch die Landesliste eingezogen sind. 2013 schnitt die SPD mit 33,1 Prozent der Zweitstimmen in Niedersachsen vergleichsweise stark ab, weshalb ich mit meinem vierten Listenplatz sehr zuversichtlich sein kann, wieder in den Bundestag einzuziehen. In einer eher strukturkonservativen Region hat es die SPD nicht so leicht., ich hoffe aber sehr, dass die Wählerinnen und Wähler mein Engagement bei der Bundestagswahl im September bei der Erst- und Zweitstimme honorieren werden. Auch mit einer sehr guten Listenplatzierung im Rücken werde ich mich nicht nur im Wahlkampf für unsere Region engagieren. Das Kopf-an-Kopf-Rennen bei meiner Kandidatur bei der Landratswahl 2011 und mein starkes Ergebnis bei der Kommunalwahl im letzten Jahr machen mir Mut und zeigen mir, dass mein Einsatz, meine Kompetenz und meine Freundlichkeit sehr geschätzt werden.
„Opposition ist Mist“, befand der frühere SPD-Parteichef Franz Müntefering. Finden Sie das auch und würden eine Fortsetzung der Großen Koalition befürworten, falls es für die SPD mit anderen Partnern nicht zu einer Mehrheit reicht?
Es gilt zu allererst für eine starke Sozialdemokratie zu kämpfen. Und es ist stets eine Wählerentscheidung, welche Konstellationen nach der Wahl möglich sind und genau abzuwägen, was im Interesse der Wählerinnen und Wähler ist. Da setzen wir in der SPD mit Martin Schulz auf die zentralen Kernthemen soziale Gerechtigkeit und Innovation. Am Wahlabend wird die SPD ganz genau hinschauen, welcher Zustimmung sich das demokratische Spektrum der Parteien erfreuen kann. Im Rahmen der Großen Koalition hat die SPD der Union zum Beispiel den Mindestlohn, die Absenkung des Renteneintrittsalters, die Mietpreisbremse und die Verbesserung des Unterhaltsvorschusses für Alleinerziehende abtrotzen können, von denen viele Menschen spürbar profitiert haben. Auch in der Bildungs-, Außen- und Wirtschaftspolitik hat die Sozialdemokratie deutliche Spuren hinterlassen. Ich kämpfe darum, dass wir dies auch in den kommenden Jahren fortsetzen können.
Neben ihrer Bundestagstätigkeit sind Sie nach wie vor als selbständige Unternehmensberaterin tätig. Geht das nicht auf Kosten des politischen Mandats?
Anders als viele meiner Kolleginnen und Kollegen habe ich nach dem Ende meines Mandates keine Auffangposition im öffentlichen Dienst oder bei einem wohlwollenden Arbeitgeber, sondern müsste nach Verlust meines Mandates als Selbständige um jeden Kunden werben. Auch wenn meine Nebentätigkeiten von Jahr zu Jahr geringer geworden sind, erlauben sie mir, den Kontakt zu meinem Berufsfeld zu halten und zur Not meine Existenz auch jenseits der Politik zu sichern. Zugleich ermöglichen sie mir, unabhängiger von der Politik oder einer Wiederwahl mein Mandat wahrzunehmen, was mir in politischen Entscheidungsprozessen eine gewisse Freiheit erlaubt. Das habe ich auch im Falle der Maut im Interesse unserer Region genutzt, als ich entschieden und ohne Wenn und Aber in beiden Abstimmungen gegen dieses schädliche Vorhaben gestimmt habe. Meine stärkere Unabhängigkeit erlaubt es mir, stets sehr genau darauf zu achten, dass ich als Abgeordnete für unsere Region einstehe.
Die Landtagswahl in NRW gilt als Testlauf für die Bundestagswahl. Zittern Sie mit Hannelore Kraft?
Die Landespolitik bleibt Landespolitik, auch wenn viele von einer „kleinen Bundestagswahl“ sprechen. Hannelore Kraft hat Nordrhein-Westfalen als Ministerpräsidentin sehr gut getan. Daher gehört ihr meine ganze Solidarität und ich drücke ihr ganz fest die Daumen für den kommenden Sonntag und ein starkes Ergebnis für die SPD. Die Investitionen in Bildung und die Infrastruktur sind langfristige Projekte im größten Bundesland, die Hannelore Kraft mit großem Engagement voran gebracht hat. Die Leistungen der SPD in NRW lassen sich auch mit falschen Behauptungen von Herrn Laschet und Frau Merkel nicht negieren. Ich hoffe sehr, dass die Wählerinnen und Wähler sich nicht von Fake News und Hassparolen leiten lassen und das auch an den Wahlurnen zeigen. Wenn wir den populistischen Parteien in NRW die rote Karte zeigen können, akzeptiere ich dies gerne auch als Trend für die Bundestagswahl.
Mit Blick auf die kommenden vier Jahre: Welches Projekt in der Grafschaft hat für Sie oberste Priorität?
Die Grafschaft Bentheim demografie- und zukunftssicher zu machen, das ist mein großes Ziel. Zur Zeit sind wir hier in der Region insgesamt sehr gut aufgestellt: Wir haben eine Arbeitslosenquote von rund 3,9 Prozent, was deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegt und haben im Verhältnis mehr junge Menschen in unserer Region, als im niedersächsischen oder bundesweiten Durchschnitt. Dennoch wird auch die Bevölkerung in der Grafschaft Bentheim älter werden und vom Wandel erfasst werden. Damit wir wirtschaftlich stark bleiben und noch innovativer werden, müssen wir die Abwanderung junger Menschen verhindern und die Lebensqualität sichern. Daher setze ich mich für eine gute medizinische Versorgung und eine hervorragende Pflege ein. Wir brauchen eine starke Sozialgemeinschaft sowie eine moderne Infrastruktur für Wirtschaft und Verkehr, die zugleich auf die ökologischen Belange Rücksicht nimmt. Ebenso müssen wir für eine gute Bildungspolitik sorgen – angefangen von der frühkindlichen Bildung, über die Berufsbildung, das Studium bis hin zur Aus-, Weiter- und Fortbildung. Dazu gehört auch der Ausbau der Kommunikationsinfrastruktur, was neben dem Breitbandausbau auch den Mobilfunk betrifft. Wie Sie sehen, gibt es für mich nicht nur das eine Projekt für die Grafschaft Bentheim, sondern eine Zukunftsstrategie für unsere liebens- und lebenswerte Region.