Meppen. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Daniela De Ridder begrüßte in Meppen ihren Fraktionskollegen und Finanzexperten Lothar Binding zum Dialog über die Steuerpolitik. Mit seiner unkonventionellen und humorvollen Erzählweise referierte Binding zum Steuerkonzept der SPD und gab zugleich tiefe Einblicke in die Problematik der Steuerflucht. Im Regierungsprogramm der SPD für 2017 sind vor allem Entlastungen für niedrige und mittlere Einkommen vorgesehen.
„Rente, Steuern, Löhne oder Bildung – die große Mehrzahl der Themen im Bundestagswahlkampf sind immer auch Fragen von Ungleichheit und Gerechtigkeit. Richtig ist, dass die Bruttoeinkommen in Deutschland sehr ungleich verteilt sind, denn Brutto verdienen in Deutschland wenige viel, und viele wenig. Der bekannte französische Ökonom Thomas Piketty argumentiert, dass, wer reich sei, auch deutlich mehr in Aktien oder Immobilien investiere und so aus Kapitalanlagen noch deutlich höhere Einkünfte erzielen könne als Beschäftigte aus Arbeit. Durch diese Art Grundgesetz des Kapitalismus steigt die Ungleichheit immer stärker an. Wenn also nur zehn Prozent der deutschen Bevölkerung deutlich mehr als die Hälfte des gesamten Nettovermögens besitzen, dann haben wir ein Problem der Verteilungsgerechtigkeit. Aber wenn dann noch wohlhabende Politiker behaupten, soziale Gerechtigkeit sei ein alter Hut, nur weil sie daran nichts ändern wollen, dann hoffe ich doch sehr, dass dieser fadenscheinigen Argumentation am Wahlsonntag eine Absage erteilt wird“, ärgert sich die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Daniela De Ridder.
Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent greift heute bei einem jährlichen Einkommen ab 54.000 Euro. Die SPD möchte diesen Steuersatz laut ihres Regierungsprogramms zukünftig erst ab einem jährlichen Bruttoeinkommen von 60.000 Euro jährlich ansetzen, um so die mittleren Einkommen zu entlasten. Bei den Geringverdienern soll der Arbeitnehmeranteil an der Sozialversicherung bei vollen Rentenansprüchen in der Gehaltsspanne von 451 bis 1.300 Euro nur allmählich ansteigen. Auf der anderen Seite sollen Haushaltsüberschüsse des Bundes für mehr Investitionen genutzt werden; dazu zählt auch der Anspruch auf einen beitragsfreien Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte.
„Dem Staatshaushalt geht es sehr gut und es ist längst überfällig die unteren und mittleren Einkommen zu entlasten. Es ist richtig, dass seit 2010 die Löhne am unteren Ende der Einkommensskala gestiegen sind; vor allem ist dies auf die Einführung des Mindestlohns und nur zum Teil auf die verbesserte Lage am Arbeitsmarkt zurückzuführen. Aber im selben Zeitraum sind die Reallöhne für das obere Drittel der Bevölkerung stärker gestiegen als die in der Mitte und am unteren Bereich der Einkommensverteilung. Aber: Fast jede vierte Alleinerziehende und ihre Kinder sind heute in Deutschland von Armut bedroht. Mit dem Steuerkonzept der SPD legen wir eine finanzierbare Entlastung der Bürgerinnen und Bürger auf den Tisch und stärken vor allem auch junge Familien. Das ist für eine erfolgreiche Zukunft unseres Landes essenziell und vor allem auch ganz pragmatisch und rasch umsetzbar. Allerdings benötigen wir dazu auch die entsprechenden Mehrheiten in der Bundepolitik“, erklärt Lothar Binding, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.
Neben der Entlastung für untere und mittlere Einkommen betonten Binding und De Ridder, dass vermögende Verdiener stärker beteiligt werden sollen. Der Spitzensteuersatz in Höhe von 42 % setzt heute schon bei Einkommen ein, die oberhalb von 54.058 Euro (für einen Single) liegen. Wir planen, den Einkommensteuertarif unten und in der Mitte abzuflachen und diesen Steuersatz künftig erst ab Einkommen von 60.000 Euro zu erheben. Um dies zu finanzieren, möchten wir den Spitzensteuersatz linear-progressiv auf 45 % anwachsen lassen und ab Einkommen oberhalb von 76.200 Euro bis 250 Tausend Euro konstant lassen. Den sogenannten Reichensteueraufschlag in Höhe von 3 % auf den Spitzensteuersatz möchten wir ab Einkommen größer 250.000 Euro erheben. In Bezug auf den Grundfreibetrag prüfen wir eine Erhöhung über die jährliche Anpassung nach dem Existenzminimumbericht hinaus. Wichtig ist der SPD zudem, dass die Finanzierbarkeit gewährleistet und gleichzeitig Spielraum für wichtige Zukunftsinvestitionen erhalten bleiben. Für die Zukunft wollen die Sozialdemokraten auch einen Familientarif einführen: Eheleute sollen dabei steuerlich auch künftig gemeinsam veranlagt werden. Ehepartner mit dem höheren Einkommen sollen künftig einen Betrag von bis zu 20.000 Euro auf ihre Ehepartner übertragen können. Dadurch entsteht ihnen weiterhin ein Splittingvorteil. Zusätzlich soll bei jedem Elternteil pro Kind ein Steuerabzug von 150 Euro als Kinderbonus bei der Steuerlast gewährt werden.
Zu dem Steuerkonzept der SPD gehört auch der Kampf gegen Steuerhinterziehung: Binding veranschaulichte die Problematik der Steueroasen und welche Konsequenzen die Enthüllungen der „Panama Papers“ für Gesellschaft und Politik haben. De Ridder und Binding sind sich einig, dass die Politik sehr wohl handlungsfähig ist und zudem in der Pflicht steht, Steuerschlupflöcher und -oasen dicht zu machen. Gerade angesichts der Tatsache, dass die Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen ihre Steuern zahlen, macht die Bekämpfung der Steuerflucht der Vermögenden zu einer substanziellen Gerechtigkeitsfrage.
„Steueroasen und ihre Nutznießer erhitzen die Gemüter zu Recht. Es ist nicht einsehbar, warum gerade besonders reiche Personen und Unternehmer ihr Geld am Fiskus vorbei ins Ausland schaffen, um Steuern zu hinterziehen oder auch wenn sie Gesetzeslücken nutzen und dies teilweise legal tun können. In Zeiten rascher digitaler Informationsflüsse haben wir mit den ‚Panama Papers‘ eine der größten Enthüllungen erlebt, die mich zuversichtlich stimmt, dass sich mit dem entsprechenden politischen Willen auch eine deutliche Veränderung erzielen lässt“, betont Lothar Binding, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.
„Wir arbeiten an einer internationalen Lösung zum Kampf gegen Steuerhinterziehung – schon deshalb, weil wir dieses Geld gut gebrauchen können: Statistisch schneidet die Bundesrepublik bei der Chancengerechtigkeit im Vergleich zu anderen Ländern schon seit vielen Jahren nicht gut ab und in kaum einem Land hängt Bildung so stark von der Herkunft ab, wie in Deutschland. Kinder aus wenig begüterten Familien schaffen es hierzulande viel seltener auf die Universität als ihre Mitschüler mit reichen Eltern. Und anders als in fast allen anderen Ländern erwerben nur wenige Deutsche zwischen 25 und 34 Jahren einen höheren Bildungsabschluss als ihre Eltern. In diesem Punkt gibt es unumstritten Verbesserungspotenzial“, bekräftigt die Bildungsexpertin De Ridder, die sich in der kommenden Legislaturperiode erneut intensiv für Chancengleichheit durch Bildungspolitik einsetzen will.