Berlin. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Daniela De Ridder stimmte bei der zweiten Lesung der Arzneimittelnovelle für den Antrag, der unter anderem von Prof. Dr. Karl Lauterbach eingebracht wurde und gruppennützige Forschung an Demenzkranken in engen Grenzen und nach einer Einwilligung des Patienten im einwilligungsfähigem Zustand nach ärztlicher Beratung erlaubt. Die Gesetzesnovelle wurde vor der Sommerpause vertagt, da die Reform sehr kontrovers diskutiert wurde und noch Klärungsbedarf bestand – der Fraktionszwang wurde für die Abstimmung aufgehoben.
„Es ist sehr zu begrüßen, dass wir für die vorliegenden Anträge mehr Zeit bekommen haben und der Fraktionszwang aufgehoben wurde. Eine Entscheidung muss bei diesem Thema wohlbedacht sein und alle Aspekte müssen genau betrachtet werden. Der demographische Wandel einerseits und der medizinische Fortschritt andererseits stellen uns vor große Herausforderungen. Ich hoffe, dass zukünftig möglich sein wird, dass demenzielle Erkrankungen noch besser behandelt werden können. Die Frage ist nicht nur, wie wir mit Neues Forschungsverfahren und -Erkenntnissen umgehen, sondern vor allem, was dem Willen der Patientinnen und Patienten entspricht. Dieser Wille darf auch nach der von mir präferierten Lösung nicht der Gemeinnützigkeit geopfert werden“, sagt Dr. Daniela De Ridder, SPD-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Mittelems.
Die vierte gesetzliche Novelle folgt der EU-Verordnung 536/2014, wonach gruppennützige Forschung erlaubt wird, genauere Regelungen jedoch den nationalen Parlamenten überlassen werden. Die Befürworter der Änderung der Novelle argumentieren, dass man ohne diese Art der Forschung an Demenzpatienten auf wichtige Erkenntnisgewinne verzichten müsse. Die Gegner geben zu bedenken, dass unter Demenz leidende Menschen besonders geschützt werden müssen. Dies beherzigte auch Dr. Daniela De Ridder bei ihrer Entscheidung für den Antrag von Prof. Dr. Karl Lauterbach. Darin ist festgelegt, dass die betroffene Person über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufzuklären ist. Dazu gehören insbesondere die Aufklärung über das Wesen, die Ziele, den Nutzen, die Folgen, die Risiken und die Nachteile klinischer Prüfungen.
Zur Abstimmung standen insgesamt vier Anträge: Ein Antrag sieht vor, es bei der restriktiven Regelung zu belassen. In den beiden anderen Anträgen würde die rein gruppennützige Forschung mit einer Vorabverfügung der zu dem Zeitpunkt noch einwilligungsfähigen Probanden gestattet – in einem Fall mit verpflichtender, in einem Fall mit optionaler ärztlicher Beratung. Der vierte Antrag fordert eine Ergänzung zum Schutz von nicht einwilligungsfähigen Minderjährigen und Erwachsenen in klinischen Arzneimittelprüfungen. Er bezieht sich dabei auf alle drei anderen Änderungsanträge und wurde mit breiter Mehrheit – nach einem „Hammelsprung“ – angenommen. Hier sollte Rechtsklarheit darüber hergestellt werden, dass auch eine nonverbal geäußerte Ablehnung, etwa durch abwehrende Gesten, an einer Teilnahme an einer Arzneimittelprüfung gültig ist.
Im Vorhinein hatte die geplante Änderung für Widerspruch bei Ethikern, Kirchen und Behindertenverbänden gesorgt. Weitgehend einig waren sich jedoch die geladenen Rechts-, Ethik- und Gesundheitsexperten darin, dass die für klinische Studien in Deutschland geltenden Regelungen einen systematischen Missbrauch eher unwahrscheinlich machen.
Der gesamte Gesetzentwurf steht am 11. November zur Abstimmung.