Cybermobbing ist kein Kavaliersdelikt

Grafschaft Bentheim/Emsland/Nordhorn. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Daniela De Ridder lud zu ihrer Veranstaltung zum Thema „Cybermobbing – Wie kann ich meine Kinder und mich schützen?“ ein. Als fachkundige ReferentInnen standen ihr die Leiterin des Polizeikommissariats Nordhorn, Dr. Hannah Timmer, sowie der Kriminaloberkommissar Uwe van der Heiden vom Präventionsteam des Polizeikommissariats Nordhorn zur Verfügung. De Ridder betont, dass Cybermobbing alles andere als ein Kavaliersdelikt sei.

„Für immer mehr Menschen ist es selbstverständlich, Onlinedienste und soziale Medien zu nutzen. Facebook, Instagram oder WhatsApp gehören für viele Menschen zum praktischen Alltagshandeln. Bedauernswerterweise halten sich nicht alle an die Umgangsformen, die im analogen Leben gelten. Vermutlich geschützt hinter dem Bildschirm oder versteckt hinter Pseudonymen lassen Einige alle Höflichkeitsregeln vermissen. Besonders Kinder und Jugendliche, die in der Corona-Zeit viel online kommunizieren, können nicht immer die Folgen ihres Handelns abschätzen und sind oft von Cybermobbing betroffen. Hier müssen wir dringend Abhilfe schaffen. Zwar ist Cybermobbing noch kein eigener Straftatbestand, das heißt jedoch nicht, dass es keine rechtlichen Regelungen gibt, mit denen ein solches Verhalten geahndet werden kann“, betont Dr. Daniela De Ridder, SPD-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Mittelems.

Gleich zu Beginn der Veranstaltung veranschaulichte ein Kurzfilm der Polizei den anwesenden TeilnehmerInnen, was Cybermobbing bedeuten kann: Es führt zu Verletzungen bei den Opfern, die zwar nicht körperliche, aber seelische Narben zurücklassen. Der Aufruf, sich selbst in die Situation von verfolgten und gemobbten Kindern zu versetzen, wurde dabei sehr eindringlich in Wort und Schrift verdeutlicht. Der Tipp „Stop – block – tell“ (etwa: Hör auf zu „teilen“, blockiere den Absender, vertraue Dich an und erzähle von den Belästigungen) war die klare Aussage, wie Cybermobbing begegnet werden sollte.

Unter Cybermobbing versteht man das absichtliche Beleidigen, Bedrohen, Bloßstellen oder Belästigen anderer mithilfe von Internet- und Mobiltelefondiensten über einen längeren Zeitraum hinweg. TäterInnen fühlen sich bei ihrem Handeln, durch die vermeintliche Anonymität im Netz, sicher vor (Straf-) Verfolgung. Doch Cybermobbing betrifft bei weitem nicht nur Kinder. Häufig werden auch Jugendliche und speziell (junge) Frauen zu Mobbing- oder Stalking-Opfern, betonte Frau Dr. Hannah Timmer. Und ein Blick auf die Tätergruppe zeigt: Es sind nicht nur Jungen oder Männer, die mobben oder stalken. Gerade im verbalen Angriff sind es auch Mädchen und Frauen (einzeln oder in einer Gruppe), die sich hier hervortun, während im Gewaltbereich, jenseits des Internets, die Anzahl an Jungen und Männer überwiege.

Auf die Frage, was direkt betroffene Opfer in so einer Situation tun können, verwies Uwe van der Heiden darauf, sich so schnell wie möglich an eine Vertrauensperson oder eben auch direkt an die Polizei zu wenden. Häufig sei die Scham der betroffenen Opfer sehr groß, führte Dr. Hannah Timmer aus und wies auf noch ein anderes Kriminalitätsphänomen im Internet hin: den sogenannten „Love Scam“, eine besonders niederträchtige Form des Betrugs. Es beginnt mit freundlichen E-Mails, mit Komplimenten oder sexuellen Avancen und endet häufig damit, dass die Opfer große Geldsummen an die Täter überweisen, von denen sie zumeist nur das gefälschte Profilfoto kennen. Dass gerade hilfsbereite Frauen Opfer werden überrascht die Polizeiexperten nicht; dass bei einem solchen Straftatbestand das Tabu Anzeige zu erstatten besonders groß ist, ebenfalls nicht. Dann doch Anzeige zu erstatten, damit im Idealfall keine weiteren Menschen Opfer solcher Machenschaften werden, verdiene höchsten Respekt. Zur Beweissicherung und Täterfindung sei es sehr hilfreich, ausgedruckte Chats oder auch Screenshots zur Anzeigenerstattung bei der Polizei mitzubringen. „Nicht das Opfer hat sich falsch verhalten, sondern der Täter!“

Um sich vor Kriminalität im Internet zu schützen, kann jede/r aber auch präventiv einige Hinweise berücksichtigen, machte Uwe van der Heiden deutlich. So soll man möglichst sparsam mit seinen Daten sein und Privatsphäre-Einstellungen nutzen, wenig Fotos oder Videos ins Internet zu stellen, niemals Fotos von Kindern öffentlich posten, oder die eigenen Daten wie etwa das Geburtsdatum oder die Adresse preisgeben. Das Internet vergesse schließlich nie – was einmal ins Netz gestellt wurde, könne im Nachgang kaum vollständig gelöscht werden, selbst wenn es inzwischen das „Recht auf Vergessen“ gebe. Opfer sollen sich möglichst schnell Hilfe von Vertrauenspersonen oder der Polizei holen. „Bleiben Sie in der Situation nicht allein!“, rät der Kriminalpräventioner.

In diesem Zusammenhang hob Dr. Hannah Timmer sehr deutlich hervor, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sei und man von Seiten der Polizei hier viele Möglichkeiten habe, TäterInnen ausfindig und im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten für unterschiedliche Delikte verantwortlich zu machen. Diese Delikte reichen von Beleidigung, übler Nachrede, Nötigung, Körperverletzung und Verstoß gegen Persönlichkeitsrechte bis hin zum Ausüben von (sexualisierter) Gewalt. Sie wünsche sich von der Politik, dass in den Schulen verstärkt auf die Gefahren im Internet hingewiesen und der Umgang damit gelehrt wird. Medienkompetenz müsse mehr vermittelt und gefördert werden.

Um junge Menschen besser vor den Gefahren im Netz und digitaler Gewalt zu schützen, hat die Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey (SPD) in der vergangenen Woche ein Gesetzesentwurf vorgelegt, der vom Bundeskabinett beschlossen wurde. Das neue Jugendschutzgesetz schafft mehr Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Interaktionsrisiken wie Mobbing, sexuelle Anmache oder Kostenfallen und bietet Orientierung für Eltern, Fachkräfte und Jugendliche durch einheitliche Alterskennzeichen.

„Cybermobbing ist alles andere als ein Kavaliersdelikt, es braucht mehr Aufklärung, Information, Sensibilisierung und vor allem Prävention. In die Arbeit der multiprofessionellen Präventionsräte müssen auch Eltern- und Schülervertretungen integriert werden. Hier muss gerade auf regionaler und kommunaler Ebene noch viel Vernetzungsarbeit stattfinden – das hat die Diskussion mit den ReferentInnen und den Teilnehmenden gezeigt“, sagte De Ridder abschließend.

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