Eingängig schildern Tenbruck und Niesing den SPD-Politikerinnen und –politikern, zu denen auch die Kreisvorsitzende Andrea Kötter, die SPD-Kreisfraktionsvorsitzende Karin Stief-Kreihe und Ortsvereinsvorsitzender Johannes Hessel gehören, wie sehr nach wie vor das Leben mit psychischen Einschränkungen der Unterstützung bedarf. Auch wenn man wenig Öffentlichkeitsarbeit betreibe, sei die Nachfrage der Klientinnen und Klienten recht groß. Wer nur über ein geringes Einkommen verfügt, kann bei dem zuständigen Landkreis einen Eingliederungshilfeantrag stellen. Danach werde dann der Anspruch auf die Fachleistungsstunden ermittelt.
Mit dem Kostenanerkenntnis beginnt das Betreuungsverhältnis, welches im Gegensatz zur rechtlichen Betreuung zu jeder Zeit als freiwilliges Angebot betrachtet werden kann. Der Verein Lotse unterhält im gesamten Emsland mehrere Häuser mit Wohngemeinschaften. Gerade diese Wohnformen seien es, die es den Betroffenen erleichterten, ihren Lebensalltag zu bewältigen: Zu wissen, dass man nicht alleine wohne, verschaffe den Betroffenen häufig Sicherheit bei der Alltagsbewältigung. Jedoch sei es schwierig, für die Klienten des Lotse e.V. Wohnungen zu finden. Oft stünden ihnen Vermieter oder Nachbarn skeptisch gegenüber, so Tenbruck. Darüber hinaus gibt es auch noch stationäre Wohnheimplätze für Menschen mit einem höheren Betreuungsaufwand.
In Lingen, Meppen und Papenburg unterhält der Verein weiterhin jeweils eine Begegnungsstätte die sowohl von erkrankten als auch von gesunden Menschen besucht werden kann. Dort gibt es auch tägliche Freizeitangebote für die Klienten; zwar werde dieser Bereich nicht von den Fachleistungsstunden abgedeckt, dennoch sieht der Verein hier eine große Bedeutung, etwa für die Inklusion der Betroffenen: Immer noch gebe es viele Vorurteile und das Tabu, über psychische Erkrankungen zu sprechen. Häufig schämten sich die Familienangehörigen und quälten sich mit eigenen Schuldgefühlen. „Damit die Inklusion von Menschen mit psychischen Einschränkungen nicht scheitert, bedarf es einer großen Offenheit für das Thema. In diesem Sinne brauchen wir einen Tabubruch und einen entscheidenden kulturellen Wandel“, ist Dr. De Ridder überzeugt. Dies bestätigt auch Klaus Tenbruck: „Die Inklusion der Klienten darf nicht an den Vorurteilen und Ängsten der Gesunden scheitern.“
Auf Nachfrage De Ridders bestätigte Tenbruck, dass nur wenige Klienten eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt hätten. Wenn man dies ändern wollte, sei jedoch eine umfangreiche Umstrukturierung der Arbeitswelt vonnöten, denn bei der betrieblichen Arbeit müsste eigentlich oftmals auch eine pädagogische Fachkraft zur Verfügung stehen. Weiterhin könne man von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen nicht die gleichen Leistungen wie von gesunden Menschen erwarten. Hinzu kämen Fehlzeitenphasen durch die Erkrankung. Dass dieser Aufwand bei den Betrieben häufig gescheut werde, sei aus ökonomischen Gründen nachvollziehbar. Die Konsequenz sei dann aber, dass man sich von der Idee verabschieden müsse, dass die Klienten dauerhaft auf dem ersten Arbeitsmarkt integriert werden könnten.