Im Dialog mit Bischof Bode zu den Missbrauchsfällen im Emsland

Emsland/Osnabrück. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Daniela De Ridder besuchte anlässlich der jüngst bekannt gewordenen Missbrauchsfälle im Landkreis Emsland den zuständigen Bischof Franz-Josef Bode in Osnabrück. De Ridder betonte, dass die katholische Kirche konsequente Aufarbeitung leisten und sich für den Opferschutz einsetzen muss.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Daniela De Ridder war zu Gast beim Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode, um gemeinsam mit ihm über die Missbrauchsskandale im Landkreis Emsland zu sprechen. Beide waren sich einig, dass es in der katholischen Kirche zahlreiche Maßnahmen zu Opferschutz, Intervention, Aufklärung und Aufarbeitung des geschehenen Unrechts geben muss. Darüber hinaus müssen Programme entwickelt und umgesetzt werden, um sexuellen Missbrauch im kirchlichen Raum wirksam entgegenzutreten.

„Die Berichte zu den sexuellen Missbrauchsfällen durch katholische Geistliche im Emsland sowie deren Ausmaß sind erschreckend. Es ist bitter, dass gerade Kinder und junge Menschen zu Opfern geworden sind und ihr weiteres Leben so nachhaltig durch die furchtbaren und demütigenden Erlebnisse gezeichnet ist. Im Umgang mit den Missbräuchen muss sich die Institution Kirche vorwerfen lassen, in der Vergangenheit schwerwiegende Fehler gemacht zu haben. Das ist auch deshalb äußerst beunruhigend, weil viele Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene sich in vollem Vertrauen an die Institution Kirche wenden, dieses Vertrauen aber so grundlegend angegriffen wird. Nun gilt es, die Zeit des Verschweigens und Vertuschens zu beenden und Maßnahmen umzusetzen, wie Missbrauch in der katholischen Kirche in Zukunft verhindert werden kann. Hier habe ich großes Vertrauen in Bischof Franz-Josef Bode, der mit zahlreichen Fehlern aufräumen will, auch den eigenen, und bereits wichtige Impulse und Schritte in der Aufarbeitung geleistet hat“, erklärt Dr. Daniela De Ridder, SPD-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Mittelems.

3577 überwiegend männliche Minderjährige sind zwischen 1946 und 2014 Opfer von sexueller Gewalt in der katholische Kirche geworden. Dabei seien die Taten von 1670 Klerikern begangen worden, so die Ergebnisse der Studie, die die deutschen Bistümer selbst in Auftrag gegeben haben. Die Dunkelziffer sowohl der Opfer- als auch der Täterzahlen dürfte wesentlich höher liegen. Im Bistum Osnabrück sind bislang 84 Missbrauchsopfer und 36 Beschuldigte bekannt. Häufig seien beschuldigte Kleriker in der Vergangenheit an einen anderen Ort versetzt worden, ohne dass die neue Gemeinde über den Missbrauch informiert wurde. Zudem musste sich nur ein Drittel der Täter einem kirchenrechtlicher Verfahren stellen.

Im Bistum Osnabrück werden die Fehler der Vergangenheit sowie die Mängel des Systems geprüft und benannt, um Konsequenzen für die Zukunft zu ziehen. Einen wichtigen Schritt hat Bischof Bode mit dem erweiterten Konzept für den Umgang mit sexualisierter Gewalt und geistigem Missbrauch gemacht. Konkret geht es dabei um die Handlungsfelder: Prävention, schnelles Handeln bei aktuellen Fällen, die Begleitung und Unterstützung von Betroffenen und den Umgang mit Tätern. Ein entscheidender Aspekt dabei ist, dass es in jeder dieser Arbeitsgruppen mindestens eine gleiche Anzahl an externen Fachleuten gibt, damit eine rasche Aufklärung ohne falsche Rücksichtnahmen oder Abhängigkeiten gewährleistet wird.

Neben der erforderlichen Aufarbeitung ist eine Veränderung der Strukturen der katholischen Kirche zwingend notwendig, davon ist De Ridder, die selbst bekennende Protestantin und zugleich Mitglied in der katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) ist, fest überzeugt. So sollten Themen wie die Abschaffung des Zölibats, also die ehelose Lebensform der Priester, eine zeitgemäße Sexualethik oder die Rolle der Frauen in der Kirche angegangen werden. Nur wenn sich die katholische Kirche nach innen reformiere und in Strukturen eingebettet werde, die Beratung, Mitwirkung, Transparenz und Kontrolle sichere, könne sie wieder Vertrauen bei den Gläubigen zurückgewinnen.

Auch Bischof Bode sieht systemische Grundsatzfragen für die Zukunft der Kirche von entscheidender Bedeutung: Welche Rolle spielt eine zu enge Sexualmoral in der Kirche, welche der Umgang mit Macht und Hierarchie, welche das Miteinander von Frauen und Männern? Hiermit spricht Bischof Bode auch weltkirchliche Strukturaspekte an, die nicht allein auf Diözesanebene zu lösen seien. Dennoch wirbt er innerhalb der deutschen Bischofskonferenz für Veränderungsvorschläge, die dann auch im Vatikan Gehör finden müssen.

„Eine rasche Aufarbeitung der Missbrauchsvorfälle in der katholischen Kirche ist zwingend geboten, um den zahlreichen Betroffenen und Opfern Anerkennung zu verschaffen – auch im Verjährungsfall. Unrecht und Missbrauch müssen auch als solche benannt werden; dies ist der erste Schritt hin zu einem Täter-Opfer-Ausgleich und ein wichtiger Beitrag zur Rehabilitierung der Opfer. Bei meiner Tätigkeit als langjährige Gleichstellungsbeauftragte war ich Ansprechpartnerin für viele Frauen und Kinder, die unter häuslicher Gewalt litten. Daher kann ich sehr gut einschätzen, wie schwer es Opfern fällt, sich jemandem anzuvertrauen und über ihre Erfahrungen zu sprechen, wofür ich auch jetzt zur Verfügung stehe. Die Aufarbeitungsschritte, die von Bischof Franz-Josef Bode angegangen werden, um sexuellen Missbrauch in der Kirche entgegenzuwirken, sehe ich durchaus optimistisch und habe ihm daher angeboten, ihn bei dieser schwierigen Aufgabe kritisch-konstruktiv zu begleiten“, bekräftigt De Ridder abschließend.

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